Pressespiegel

Als di Lassos Söhne Steyr besuchten

OÖ. Nachrichten, Mittwoch, 5. Februar 2014

Musikschuldirektor Martin Fiala hob im Stadtarchiv einen musikhistorischen Schatz aus.
STEYR. Den Namen des weltberühmten Komponisten und Musikers Orlando di Lasso hat Musikschuldirektor Martin Fiala in einem Ratsprotokoll des Stadtarchivs entdeckt. Auch wenn der bedeutende Renaissance-Tonmeister nicht selbst in Steyr weilte, zeugt doch der Besuch seiner beiden Söhne Ferdinand und Rudolf von der damals hochkarätigen Musikszene in der Eisenstadt.
Grund ihres Besuches war ein Angebot an den Steyrer Stadtrat, die gedruckten Motetten ihres Vaters für diverse Kirchenfeste anzukaufen. Überraschend ließ der Rat die beiden Jungmusiker mit der Bemerkung abblitzen, dass „des Herrn Orlando de Lassos Mudeten in gueter Anzahl in Steyr vorhanden wären“. Für ihre „gute Affection“ bekamen die „Herren Orländ“ vom Stadtkämmerer jedoch zwei Taler ausgehändigt.
Für Martin Fiala ist die Entdeckung dieses Eintrages nur eine von vielen interessanten Nebenerscheinungen bei seiner Suche nach den Lebensdaten des vielleicht ebenso bedeutenden, aber kaum bekannten Garstner Musikers Sebastian Ertl. Der 1555 geborene Ertl trat um 1590 in das Kloster Garsten ein und zog seine musikalische Spur zunächst von Garsten über Gaflenz nach Sankt Lambrecht, weiter nach Mariazell und zurück nach Garsten, wo er 1618 starb.
Ertl stand in der Tradition der Schule des venezianischen Komponisten Giovanni Gabrieli, doch reichen seine Werke bereits weit über dessen Qualität hinaus. Ertl war der erste Komponist nördlich der Alpen, der einen „Generalbass“ verwendete und der damit großen Einfluss auf die Entwicklung der frühbarocken Musik in Österreich und Süddeutschland nahm. (Raimund Locicnik, S. 31).

Original: http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/steyr/Als-di-Lassos-Soehne-Steyr-besuchten;art68,1297321